Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Du legst dich entspannt auf eine Liege, bekommst ein paar Elektroden auf die Haut, ein Gerät „misst deine Frequenzen“, korrigiert energetische Störungen – und schon sollen Allergien, Schmerzen oder sogar Süchte besser werden. Unter Namen wie Bioresonanz- oder Mora-Therapie hat sich diese Methode in den letzten Jahren leise, aber beharrlich ihren Platz im Bereich der Alternativmedizin erobert.
Manche schwören darauf, endlich beschwerdefrei zu sein. Andere halten das Ganze für esoterischen Unsinn mit Technikfassade. Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen – und lohnt einen genaueren Blick.
Was Bioresonanz sein will: Kommunikation mit den „Schwingungen“ des Körpers
In der Theorie geht Bioresonanz von einem einfachen, aber weitreichenden Gedanken aus: Jede Zelle, jedes Organ, jeder Stoff, der mit unserem Körper in Kontakt kommt, besitzt eine charakteristische elektromagnetische Schwingung. Gerät dieses hochkomplexe Schwingungssystem aus dem Gleichgewicht, entstehen – so die Anhänger – Beschwerden: Allergien, Schmerzen, Verdauungsprobleme, Erschöpfung, psychische Symptome.
Bioresonanzgeräte sollen genau diese feinen Frequenzen messen. Über Elektroden, die an Händen, Füßen oder anderen Körperstellen befestigt werden, werden die angeblichen Signale des Körpers aufgenommen, elektronisch verstärkt und ausgewertet. In der Auswertung sieht die Therapeutin dann „Disharmonien“ – also energetische Muster, die auf Belastungen oder Schwächen hinweisen sollen.
Im zweiten Schritt werden diese Signale im Gerät verändert, gefiltert oder „umgekehrt“ und als neue elektromagnetische Impulse zurück an den Körper geschickt. Damit, so die Idee, wird der Organismus angeregt, in sein „ursprüngliches Gleichgewicht“ zurückzufinden und seine Selbstheilungskräfte besser zu nutzen.
Wichtig ist: Das ist ein energetisches Modell der Gesundheit, kein klassisch naturwissenschaftliches. Es arbeitet mit Begriffen wie Schwingung, Informationsfeld und Energiefluss, die in der Schulmedizin so nicht verwendet werden. Genau hier verläuft die Bruchlinie zwischen begeisterter Anhängerschaft und skeptischer Fachwelt.
Wie eine Bioresonanz-Sitzung abläuft – und wofür sie angeboten wird
Wer eine Praxis für Bioresonanz betritt, erlebt meist ein recht unspektakuläres Setting: eine Liege oder ein bequemer Stuhl, ein Gerät mit Bildschirm, Kabeln und Elektroden. Du gibst im Vorgespräch deine Beschwerden an, oft wird eine ausführliche Anamnese gemacht. Dann werden Elektroden an die Haut gelegt, manchmal hältst du Metallgriffe in den Händen.
Das Gerät misst zunächst die Signale, die dein Körper angeblich aussendet. Auf dem Bildschirm erscheinen je nach System Kurven, Balken oder Symbole, aus denen die Behandler:innen ablesen, wo „Störfelder“ sitzen sollen. Anschließend wird eine Behandlungssequenz gestartet: Das Gerät sendet modulierte Frequenzen zurück, du liegst oder sitzt dabei einfach still. Schmerzen entstehen dabei normalerweise nicht; viele beschreiben die Sitzung als neutral bis entspannend. Die Dauer variiert, meist zwischen 30 und 60 Minuten, oft in Serien von mehreren Terminen.
Die Einsatzgebiete, die in der Werbung genannt werden, sind breit:
- Allergien auf Pollen, Hausstaub oder bestimmte Lebensmittel
- Hautprobleme wie Ekzeme, Akne, Vitiligo, Schuppenflechte oder Haarausfall
- funktionelle Beschwerden wie Verdauungsstörungen, Migräne, Schlafprobleme
- chronische Schmerzen
- Stress, innere Unruhe, Erschöpfung
- Unterstützung bei der Rauchentwöhnung sowie bei Alkohol- oder Esssucht
- begleitend bei Gewichtsreduktion oder zur „Stärkung des Immunsystems“
Wichtig: Bioresonanz-Anbieter:innen sprechen in der Regel von „Therapie“, „Behandlung“ oder „Ausleitung von Störfeldern“, nicht von einer schulmedizinisch anerkannten Heilbehandlung. In vielen Ländern wird sie als komplementäre Methode eingeordnet – also als Ergänzung, nicht als Ersatz für ärztliche Diagnostik und Therapie.
Was sagt die Wissenschaft – und wo liegen die Risiken?
So eingängig die Idee der Bioresonanz klingt, so kritisch fällt bislang der wissenschaftliche Blick aus. In Übersichtsartikeln wird immer wieder darauf hingewiesen, dass robuste, unabhängige Studien zur Wirksamkeit fehlen oder methodisch schwach sind. Einzelne positive Fallberichte reichen für eine allgemeine Empfehlung nicht aus. Viele Fachgesellschaften ordnen Bioresonanz daher klar dem Bereich der Alternativ- oder Erfahrungsmedizin zu – mit ungesicherter Wirksamkeit.
Das bedeutet nicht automatisch, dass niemand jemals positive Erfahrungen macht. Placebo-Effekte, Zuwendung, Entspannung, ein intensives Gespräch und das Gefühl, „endlich ernst genommen“ zu werden, können Beschwerden spürbar lindern. Aber: Die genaue Ursache dieser Verbesserung ist aus wissenschaftlicher Sicht offen – und vermutlich komplexer als die Idee korrigierter Schwingungen.
Aus Sicherheitsgründen gibt es klare Einschränkungen. Menschen mit Herzschrittmacher oder anderen implantierten elektronischen Geräten, Schwangere und Personen mit bestimmten neurologischen Erkrankungen wie Epilepsie sollen laut vielen Anbietern nicht oder nur nach ärztlicher Rücksprache mit Bioresonanz behandelt werden.
Die berichteten Nebenwirkungen gelten meist als mild: vorübergehende Müdigkeit, leichter Schwindel, Kopfschmerzen oder ein diffuses Unwohlsein in den behandelten Körperbereichen. Ernsthafte Komplikationen sind selten dokumentiert – die größte Gefahr liegt weniger in der Methode selbst, sondern darin, dass sie eine notwendige medizinische Behandlung verzögert oder ersetzt.
Seriöse Informationsquellen betonen deshalb: Bioresonanz ist kein Ersatz für Diagnostik oder Therapie bei Ärzt:innen. Wer ernsthafte oder chronische Beschwerden hat, sollte immer zunächst schulmedizinisch abklären lassen, was dahinter steckt – und alternative Verfahren nur ergänzend, nicht stattdessen nutzen.
Wenn du Bioresonanz trotzdem ausprobieren willst: Woran du dich orientieren kannst
Vielleicht bist du trotz aller Skepsis neugierig, weil klassische Behandlungen deine Beschwerden nur teilweise lindern – oder weil du dir eine sanftere Ergänzung wünschst. Dann lohnt es sich, ein paar Leitlinien zu beachten:
Achte darauf, dass die Person, die dich behandelt, über eine solide Grundausbildung verfügt – idealerweise in Medizin oder einem anerkannten Heilberuf. Frage offen nach, wie Bioresonanz in dein bestehendes Behandlungskonzept eingebettet werden soll und ob deine Ärztin oder dein Arzt darüber informiert ist. Seriöse Therapeut:innen haben kein Problem damit, wenn du Zweitmeinungen einholst.
Sei außerdem ehrlich mit dir selbst, was deine Erwartungen angeht. Bioresonanz wird manchmal als schnelle, fast magische Lösung vermarktet – besonders bei Raucherentwöhnung oder Gewichtsabnahme. Realistischer ist, sie höchstens als Baustein in einem größeren Veränderungsprozess zu sehen, in dem auch Motivation, Gewohnheiten und Umfeld eine Rolle spielen.
Gut ist schließlich, wenn du während und nach der Behandlung aufmerksam mitprotokollierst, was sich tatsächlich verändert: Schlaf, Schmerzen, Stimmung, Alltagstauglichkeit. Das hilft dir, zwischen Wunschdenken und echten Veränderungen zu unterscheiden – und gegebenenfalls rechtzeitig wieder den Weg in die ärztliche Praxis zu finden, falls sich dein Zustand verschlechtert.
Fazit: Zwischen Hoffnung und Verantwortung
Bioresonanz bewegt sich in einem Spannungsfeld: Sie knüpft an das verständliche Bedürfnis nach sanften, ganzheitlichen Methoden an – und trifft gleichzeitig auf eine wissenschaftliche Datenlage, die bislang wenig belastbar ist.
Wenn du sie als ergänzende Option siehst, mit klarer medizinischer Begleitung, realistischer Erwartung und offener Beobachtung, kann sie dir vielleicht Impulse geben, dich intensiver mit deinem Körper und deiner Gesundheit zu beschäftigen. Gefährlich wird es dort, wo sie ernsthafte Diagnostik oder belegte Therapien ersetzt – oder mit Heilsversprechen arbeitet, die niemand einhalten kann.
Dein Körper hat eine beeindruckende Fähigkeit zur Selbstregulation. Ob Bioresonanz ein Werkzeug ist, das dir hilft, diese Fähigkeit zu unterstützen, oder für dich nur ein teures Versprechen bleibt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Sicher ist nur eines: Die Verantwortung, kritisch zu fragen, abzuwägen und bei ernsten Symptomen ärztlichen Rat einzuholen, kann dir keine Maschine abnehmen – so modern sie auch aussieht.



