Dramatisches Schreiben: Prämisse, Charakter, Konflikt & Auflösung
Drama – vor Allem aber Konflikt – ist in unserem Leben allgegenwärtiger, als die meisten Menschen zu glauben meinen. Prämisse, Charakter, Konflikt und Auflösung sind wichtige Schlagwörter mit denen man sich zumindest einmal in seinem Leben beschäftigen sollte. Der beste Weg zum Verständnis dieser Begriffe – die aber keine Worthülsen sein sollten -, ist dramatisches Schreiben. Dieses Wissen, ist nicht nur nützlich um spannende Geschichten zu schreiben, sondern auch das Leben an sich besser zu begreifen, denn Leben beinhaltet zu einem großen Teil Drama. Dieser Artikel erklärt Ihnen das wichtigste zum Thema dramatisches Schreiben.
Die Prämisse – Das Herzstück ihrer Geschichte
Die Prämisse Ihres Romans, Dramas oder Stücks ist eine Art „Minisynkope“, d.h. es ist eine Kurzfassung der einzelnen Stationen der gesamten Geschichte. Es enthält: Charakter, Konflikt und Auflösung. Es ist somit das Grundgerüst jeder spannenden Geschichte. Der Autor – also auch Sie – haucht der Prämisse Leben ein, indem er vollkommen von ihr überzeugt ist. Jedoch darf hierbei weder die Prämisse, noch ein anderer Teil eines Romans ein Eigenleben besitzen. Alles muss zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen.
Beispiel: Ihre Prämisse könnte lauten, dass wahre leidenschaftliche Liebe letztlich zum Tod der Liebenden führt. Von dieser Prämisse müssen Sie als Autor aus tiefstem Herzen überzeugt sein. Der Beweis dieser Prämisse ist die Hauptaufgabe jedes Autors. Es sollte Ihr oberstes Ziel sein. In dieser Prämisse, haben Sie also eine Minisynkope, die ganz wesentliches vorgibt. Sie müssen in Ihrer Geschichte von zwei sich wahrlich leidenschaftlich Liebenden erzählen, deren Liebe so groß ist, dass Sie am Ende dadurch den Tod finden. Ihnen wurde somit nicht nur der Anfang und das Ende vorgegeben, sondern auch der Konflikt, aber auch die Charaktere, die ja zu alldem fähig sein müssen.
Die Prämisse ist das eigentliche Herzstück jeder Geschichte, egal ob im Film oder Roman. Merken Sie sich folgendes: Die Prämisse ist ein erbarmungsloser Tyrann, der nur einen einzigen begehbaren Weg erlaubt – und das ist der des absoluten Beweises.
Der dreidimensionale „lebendige“ Charakter
Ein Charakter muss auch im Buch immer dreidimensional sein. Genauso wie im echten Leben. Ein dreidimensionaler Charakter muss präzise Angaben über die Physis, den sozialen Status und die Physiologie enthalten. Eine solche genaue Beschreibung ist das Knochengerüst von Charakteren – insbesondere im Roman. Es ist die Struktur die der Autor, bis in den letzten Winkel hinein, durchschauen und auf das er alles aufbauen muss. Alles, was in Ihrem Stück geschieht, muss unmittelbar den dreidimensionalen Charakteren entspringen, die Sie zur Erfüllung Ihrer Prämisse ausgewählt haben. Die Charaktere müssen zudem stark sein, um die Prämisse vollends beweisen zu können, ohne dass hierbei der Autor äußeren Einfluss ausübt, d.h. ohne das Sie die Charaktere künstlich in Situationen stecken, in die sie gar nicht hineinpassen. Lassen Sie die Charaktere selbst handeln und sprechen, ganz so, als seien es lebendige Wesen.
Charakter und Konflikt
Der Charakter offenbart sich im Konflikt. Der Charakter will unbedingt sein Ziel erreichen. Entweder er scheitert daran oder aber er siegt. Bis dahin tut er alles Mögliche. Er erzeugt dadurch die eigentliche Handlung, nicht umgekehrt. Man könnte auch sagen, dass Charaktere ihr eigenes Glück (Stück) schreiben. Sie müssen, wie auch zuvor angedeutet, die Prämisse erfüllen, hierzu benötigen sie den Konflikt, welche der Treibstoff des Ganzen ist.
Wir haben einen echten wachsenden Konflikt vor Augen, wenn die Gegner einander ebenbürtig sind. Ohne Angriff und Gegenangriff kann kein Konflikt entstehen. Für diese Aktionen benötigen Sie den Protagonisten und den Antagonisten, welche ich Ihnen weiter unten genauer erklären werde.
Konflikte werden wie die Saat zu Anfang gesetzt. Ein drohender Konflikt wird von Anfang an im Roman angekündigt, er schwingt zu Anfang in jeder einzelnen Zeile mit. Wir wollen ein Stück mit einer Entscheidung anfangen lassen, weil dies der Moment ist, indem ein Konflikt einsetzt und die Charaktere die Chance bekommen sich selbst zu offenbaren und so die Prämisse darzulegen.
Protagonist und Antagonist
Der Protagonist ist die Schlüsselfigur und entwickelt sich immer langsamer als die übrigen Figuren einer Geschichte. Ein Charakter wird hierbei aus Notwendigkeit zu einer Schlüsselfigur (Protagonist), nicht weil er es so will – erinnern Sie sich hierbei an die tyrannische Prämisse, denn dieser diktiert ihm diese Notwendigkeit. Für den Antagonisten muss viel auf dem Spiel stehen. Er muss sich für den Beweis der Prämisse opfern, dies muss aber nicht immer der Tod sein, denn Sie können Ihre eigene Prämisse frei wählen.
Der Antagonist (Widersacher) ist derjenige der den rücksichtslos voranstürmenden Protagonisten in seine Schranken verweist. Er hat seine ganz eigene Prämisse, die der Prämisse der Schlüsselfigur zuwiderläuft. Er versucht seine ganz eigene These zu beweisen, hierbei ist ihm der Protagonist im Weg. Wer macht das Rennen? Wer beweist seine Prämisse und gewinnt? Beide geben stets ihr Bestes. Der Antagonist ist in diesem Spiel derjenige, gegen den sich alle Stärke, alle Macht und Intelligenz des Protagonisten richtet. Beide sind jedoch in allem ebenbürtig und warten auf die Erlösung, des entstandenen Konflikts.
Die Orchestrierung – Hier spielt die Musik
Unterschiedliche Entwicklungen erfordern unterschiedliche Orchestrierungen. Dies ist im klassischen Orchester nicht anders. Eine klar umrissene Orchestrierung muss es geben, ebenso wie starke, im Konflikt verbundene, Charaktere, die im Einklang mit der Entwicklung des Stücks sind. Das Fehlen von Wachstum signalisiert einen Mangel; und ein Mangel an Konflikt deutet darauf hin, dass Ihre Charaktere nicht vernünftig und/oder genügend orchestriert sind. Durch die Prämisse und die von ihr beeinflussten Charaktere haben Sie schon mal erstklassige Instrumente. Doch diese brauchen eine Orchestrierung. Alle Bestandteile müssen harmonisch zusammenspielen und dafür benötigen sie einen Dirigenten, und dieser sind natürlich in erster Linie Sie.
Der Schmelztigel – Die Einheit der Gegensätze
Die unterschiedlichen Charaktere brauchen einen Schmelztigel, also einen Ort der sie zwingend zusammenführt, weil sie sich sonst nie begegnen würden. Sie benötigen also eine Einheit der Gegensätze. Diese Einheit muss derart stark sein, dass sie nur aufgebrochen werden kann, wenn einer der Gegner – oder sogar beide – erledigt, besiegt oder am Ende vollkommen vernichtet sind. Sie benötigen eine nachvollziehbare Motivation. Was bringt also einen „Kredithai“ und einen „Systemaussteiger“ zusammen?
Die echte Einheit kann nur durchbrochen werden indem ein Charakterzug oder eine dominante Eigenschaft in einem oder mehreren Charakteren grundlegend verändert wird. Bei einer echten Einheit der Gegensätze ist ein Kompromiss unmöglich. Bringen Sie Gegensätze zusammen – also erreichen Einheit durch den Schmelztigel -, und der Konflikt ist unvermeidbar. Die Einheit der Gegensätze ist also ein wahrer Zündstoff.
Der Moment des Angriffs
Der Angriffspunkt muss ein Moment der Entscheidung oder die Vorbereitung darauf sein. Dieser Angriffsmoment setzt schließlich den Konflikt in Gang. Ein Autor muss eine Figur finden, die etwas so verzweifelt und dringend will, dass sie sich ihren Wunsch „Hier und Jetzt “ erfüllen will und muss. Aber warum? Ihr Stück oder Ihre Geschichte ist in dem Augenblick überzeugend in dem Sie mit Bestimmtheit sagen können, warum der Protagonist unter allen Umständen sofort handeln muss. Aber das Motiv hierfür muss sich aus dem ergeben, was früher geschah, bevor Ihre Geschichte im Buch begann.
Titelbild: The Harvest Writer © John O’Nolan, Lizenz: CC BY 2.0