Das vermutlich größte Dilemma unserer Zuvielisation ist wohl die Angst vor dem Tod. Diese beständige Weigerung den Tod zu akzeptieren, lässt uns in eine Art Größenwahn verfallen.
Wir waren wohl all die Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende, sowas von fasziniert und geblendet von der fast unbändigen Kraft des Lebens, dass ja immer weiter machen will, dass immer schöner werden möchte, dass immer wieder neu versucht überall hin zu expandieren, um sich in seiner ganzen Pracht und Vielfalt zu entfalten. Das Leben selbst ist letztendlich der Ursprung von der Verdrängung des Endlichen. Das verstecken des Sterbens und das große Tabu des Todes aber ist eine fehlgeleitete Verurteilung. Denn der Tod ist bis Heute oft noch immer das ultimative Versagen.
Das beständige Wirtschaftswachstum ist die logische Konsequenz all dieses Strebens nach mehr. Darum gibt es trotz Greta bis heute noch immer keinen freiwilligen Verzicht und kein nachhaltiges Denken!? Das Leben ist zu schön, zu kostbar, die Zeit zu wertvoll, um sich freiwillig einzuschränken. Die absolute Freiheit ist doch noch immer das allergrößte Ziel.
Doch was passiert normalerweise in der Natur, wenn eine Population (wie wir) überhand nimmt, und zu dominant wird? Richtig, sie schafft sich selbst mit ihrer enormen Ausbreitung so große ökonomische Probleme, oder verliert durch Degeneration ihre Immunität und fällt dann Schädlingen oder Krankheiten zum Opfer, die sich genau auf sie spezialisiert haben.
Ist Covid nur unsere Rutschbahn in einen kontrollierten Wirtschaftskollaps?
Unsere Spezies ist nun an genau solch einem Punkt angelangt. Ich spreche hier nicht von Covid, nein. Denn schlimme Grippen gab es schon immer mal wieder… Ich spreche hier eher von einem Wirtschaftskollaps, der uns recht sicher bald schon bevorsteht. Im letzten Jahr wurde, angeblich wegen Covid, so viel Geld gedruckt oder generiert, wie in den letzten 100 Jahren nicht mehr. Eine Hyperinflation ist also definitiv schon vorprogrammiert. Unsere Gesellschaft steht aber diesmal nicht nur deswegen wirklich auf der Kippe, sondern auch wegen all den ökologischen Schwierigkeiten und unserer Unfähigkeit uns an eine gemäßigte und nachhaltige Lebensweise anzupassen.
Wir müssten also recht bald schon radikal umdenken, wenn wir wirklich noch auf diesem Planeten überleben wollen. Denn die Erde braucht uns nicht, aber wir die Erde. Denn die Erde ist nicht unendlich in all seinen Ressourcen. Die Erde ist endlich, so wie wir! Aber weil wir eben genau diese Endlichkeit so gerne ignorieren…; Weil wir so tun, als würden wir ewig leben, weil wir hier rücksichtslos alle Bodenschätze ausrauben, kommen wir nun gerechter Weise an eine sehr wichtige und alles entscheidende Grenze. Das Nadelöhr der Geschichte unserer ganzen Zivilisation sozusagen.
Gelingt es uns nicht unsere gesamten Techniken sinnvoll für unseren Planeten einzusetzen, dann wenden sich diese Techniken irgendwann gegen uns. Und schleudert uns zu Tode, wie ein viel zu schneller Motorradfahrer gleich in der nächsten Kurve.
Öl und Uran werden schon bald nicht mehr lukrativ aus der Erde zu holen sein. Einige Metalle und Mineralien werden heute schon knapp. Helium entweicht sogar für immer aus der Erd-Atmosphäre. Wir vergeuden gnadenlos Energie und stören damit das Gleichgewicht dieser hauchdünnen Luftschicht um unseren Planeten. Wir überfischen gnadenlos die Meere. Wir vernichten den Regenwald. Verbauen und versiegeln immer mehr die ganze Landschaft. Wir verstrahlen uns immer mehr mit radioaktivem Abfall und mehr und mehr Elektrosmog….
All das im Namen des Lebens? Im Namen des Fortschritts? Im Namen des immer mehr und noch mehr? Schneller, weiter, geiler, höher usw….?
Wer stellt uns jetzt die große Frage: Wie wollen wir weitermachen?
Was müsste sich also an unserer Kultur verändern, damit wir diese grundlegenden Fehler nicht immer wieder weiter kopieren? Wenn wir den nächsten Wirtschaftskollaps überstehen, müssen wir uns ernsthaft fragen, ob wir danach wirklich genauso weitermachen wollen oder ob es an der Zeit ist neue Weichen für eine nachhaltigere und besonnene Zukunft zu stellen.
Was also fehlt unserer Zuvielisation am Meisten? Richtig: Die Endlichkeit! Das Bewusstsein einer realen Ressourcenknappheit, der freiwillige Verzicht, die Akzeptanz der eigenen Endlichkeit, und die bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod.
Denn jedes Leben ist ohne den Tod einfach schon nicht mehr im Gleichgewicht. Wir müssten eigentlich bei allem daran denken, dass wir nicht für immer leben werden, und dass unsere nachfolgenden Generationen auch noch etwas zu Leben brauchen werden. So wie es die Indianer und die alten Landwirte es schon immer getan haben.
Wir optimieren uns zu Tode… Wieso sonst bauen wir unsere Häuser denn so unverwüstlich, dass sie noch hunderte von Jahren Bestand haben werden? Wieso sonst versuchen wir, bis über den Tod hinaus, finanzielle Sicherheiten zu schaffen? Wieso sonst werden wir heute so alt wie noch nie zuvor? Und wieso sonst leistet die Medizin heute alles erdenklich Mögliche, um unser Leben so lange es irgendwie geht zu verlängern?
Warum nur sind wir heute so überaus schief gewickelt?
Wieso nur macht uns eine ansteckende Grippe mehr Angst, als ein drohender Ökokollaps der uns von allen in naher Zukunft vorausgesagt wird? Ich denke: Einfach weil es uns eine Krankheit viel näher betrifft. Weil es hier nur um unser Ich geht, das etwas will. Weil die Identifikation mit diesem abgetrennten Selbst schon so weit fortgeschritten ist, dass wir andere dabei völlig ausblenden können, wenn wir das wollen.
Wir leben in einer Art Rauschzustand einfach alles alleine erreichen zu können. Und wenn wir es mal nicht können, dann drehen wir Filme darüber in denen wir all das dann auch noch machen können. Wir träumen lieber davon und versuchen uns damit die Langeweile zu vertreiben, als es mal wirklich zu versuchen, oder es wirklich in die Hand zu nehmen.
Es gäbe so vieles das jetzt ernsthaft angepackt werden müsste!
Es müssten so viele grundlegende Veränderungen durchgesetzt werden. Wir müssten fast all unsere Verhaltensweisen völlig ändern. Wir müssten unsere bisherigen Prämissen so bald wie möglich auf fast die gegensätzlichen Kriterien um verlagern. Ja es hört sich nicht nur nach sehr viel Arbeit an, es ist definitiv ein sehr erdrückender Berg von lauter harter, schwieriger, innerer und äußerer Arbeit.
Es könnte zu spät sein, wenn wir solange warten, bis wir mit dem Rücken zur Wand stehen, und uns dann erst der Rappel packt, den Kopf doch noch aus der Schlinge zu bekommen.
Aber wir alle sind einfach noch nicht ganz wach. Wir sind noch zu benommen von unserem Rauschzustand. Sind noch eher am Träumen, als ganz und gar da zu sein und um hinzugucken was wirklich los ist und was jetzt wirklich ansteht.
Ich sehe noch nicht wirklich, dass wir gute Chancen hätten, dieses Nadelöhr in der Geschichte unserer Zuvielisation heil zu durchqueren. Zumindest ist mir ziemlich klar, dass es so wie wir es jetzt anstellen, es noch sehr viele Kollateralschäden geben wird. Also schnallen wir uns jetzt besser mal gut an. Denn die nächste Zeit wird gewiss noch sehr holprig und staubig werden.
Aber selbst das hat durchaus auch seine guten und spannenden Seiten. Wir sitzen schließlich in der allerersten Reihe einer gewaltigen globalen Veränderung, die immer noch zum Guten, wie zum Schlechten ausgehen kann. Es gab gewiss schon langweiligere Zeiten in unserer Geschichte, oder?
Solarmichel
Titelbild von Pete Linforth auf Pixabay