Die innere Stimme ist die Stimme unseres Meisters

Nur die wenigsten Menschen folgen ihrer inneren Stimme, diesem inneren Meister, den wir alle in uns tragen, und dem wir nur mit tiefen Vertrauen unser Gehör und unser Herz widmen müssen, um unsere Lebensblüte zur vollen Entfaltung zu bringen. Naturgegeben ist es nicht einfach auf diese meisterhafte innere Stimme zu hören, denn Meisterschaft bedarf der Übung. Es benötigt viel Vertrauen, Disziplin und eine leidenschaftliche Hingabe, um sie wirklich hören zu können, und um ihr dann auch zu folgen. Um die Stimme des Meisters in uns hören zu können, müssen wir 5 Hindernisse überwinden; diese Hindernisse möchte ich Ihnen in diesem Artikel kurz vorstellen.

Wir sind der Meister

Dieser „Meister in uns“, sind wir selbst, und dieses Selbst hat Zugang zu einer universellen und ewigen Weisheit; es ist die Essenz allen Seins. Somit ist auch das Selbst universell und ewig; es ist der Kern aller Bewusstheit; es ist immer präsent und klar und steht uns immer zur Verfügung, so wie die Luft zum Atmen – dieser alles durchströmende Lebensstrom, dieser „Atman“ (Atman = Atem = Seele), der im Menschen wohnt und ihn beseelend lebendig werden lässt. Auf diese innere Stimme sollten wir hören!

Methoden des Zugangs zur inneren Stimme (Kernselbst)

Das Konzept einer Seele bzw. der Beseeltheit des Menschen ist uralt und wurde zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Kulturen mehr oder weniger ausformuliert. Auf die innere Stimme gingen viele Kulturen der Vergangenheit – und auch der Gegenwart – mit den unterschiedlichsten Methoden heran: durch Gebet, durch Meditation, durch Inspiration…etc.; jede Kultur versuchte sich in Techniken, um die Stimme hörbar und nutzbar zu machen, so z.B. indem man Drogen einnahm, Rituale durchführte, oder sich in Trance tanzte. Auch unsere heutigen „modernen Gesellschaften“, bedienen sich dieser althergebrachten Techniken – nur im neueren Gewand -, um dieser „Innenwelt“, diesem inneren Selbst näher zu kommen. Methoden wie Voice Dialogue, Hypnose, oder die Arbeit mit Subpersönlichkeiten: z.B. Ego-State-Therapie, nehmen es als selbstverständlich an, das es eine Seele, und ein „Kernselbst“ gibt, zu dem wir einen Zugang finden müssen, um unser Leben in Balance zu bringen, und das es wiederum Anteile dieser Seele gibt, die diesen Zugang versperren, sabotieren, und mit diesem in Konflikt stehen.

Der entwurzelte Mensch

Der moderne Mensch ist nicht wesentlich anders, schon gar nicht vollständiger oder erfüllter und konfliktfreier als seine Vorgänger. Auch der moderne Mensch unserer Tage strebt zur Religion (lat. Re-ligio = zurück zur Mitte), dem Ursprung der Seele, zu dem auch unser Kernselbst gehört, dessen Stimme wir folgen sollten.
Der heutige Mensch ist mit seinem Zeitgeist weiter von der Quelle der Meister-Stimme entfernt, als jede Generation vor ihm: er ist entwurzelt von der Re-ligion, die er missverstanden hat, und dessen Sinn ihm schleierhaft geworden ist; seine Sinne sind vergiftet durch denaturierte Nahrungsmittel, Stress durch Leistungsdruck, und durch Umweltgifte. Der moderne Mensch macht alles falsch, was man falsch machen kann und versperrt sich so selbst den Weg zu „seiner“ meisterlichen Stimme seiner Seele (und seines Kernselbst); er lebt in einer konstruierten, illusorischen Welt, die ihn in einer Art Gespaltenheit von der Wahrheit gefangen hält.

Die 5 Hindernisse auf dem Weg zum wahren Selbst

Wenn wir denn wirklich dieses „großartige Selbst“ sind, aus dem diese reine innere Stimme spricht, warum sind wir dann nicht fähig sie zu hören? Was hindert uns daran ihr zu folgen? Auch wenn es etwas plump daherkommt, auch wenn es grob vereinfacht erscheint, so werden wir das Gefühl nicht los, das es auf dem Weg „Zurück-zur-Mitte“, und damit zum Kern unserer Seele und unseres Selbst, Hindernisse gibt, die uns den Weg versperren; Überwinden wir diese Hindernisse, so steht uns der Zugang frei.
Eine wunderbare Erklärung, welche Hindernisse zwischen uns und dem universellen Selbst (Seele?, Gott?, Kernselbst?) steht, findet sich in den Yoga-Sutren des Patanjali. Hiernach gibt es 5 belastende Kräfte (Kleshas), die unser Denken und Handeln derart verzerren, das wir den Kontakt zur ewigen universellen inneren Weisheit verlieren – wir werden zu bewusstlosen in einem Kosmos voller Bewusstheit.

Hindernis Nr. 1 – Verwechslung (Avidja)

Das erste Hindernis, ist die Verwechslung unseres wahren Wesens mit unseren Gedanken. Wir fragen uns: Wer bin Ich? Bin ich mein Verstand, meine Gefühle, meine Gedanken? Wir sind das Bewusstsein, das danach fragt; wir sind der innere Meister, der sich dieser Dinge mit Hilfe von Sinnen bedient, um so die Welt, die eigentlich immer nur „seine Welt“ sein kann, wahrzunehmen, genauer gesagt um wahr-zu-nehmen, also die Wahrheit zu erkennen. Wir sind ewiges und unendliches Bewusstsein; wir sind im Kern „göttliche“ Wesen und in unserer Essenz pure Liebe; wir sind Schöpfer unserer Gedanken, und nicht andersrum. Wir müssen nicht Wissen (= Macht) ansammeln, um Zugang zur Wahrheit zu haben; alles was wir brauchen, ist Achtsamkeit – zur Stimme in uns.

Hindernis Nr. 2 – Identifikation mit dem Ego (Asmita)

Die Identifikation mit dem Ego und das ständige Kreisen um den „Ich-Gedanken“ erzeugt auch die Identifikation mit Leid, mit dem sich das Ego dann verbindet. Das Ego hat eine Tarnkappe auf und schützt sich vor der Wahrheit; es fürchtet entlarvt zu werden. Das Ego baut sich ein Luftschloss auf, das es dann hegt und pflegt. Unsere Persönlichkeit ist nur eine Maske und erleichtert uns das Werten und Projizieren, so dass wir nicht mehr unseren eigenen Schatten erkennen müssen, der so aber nur noch größer wird. Wir erliegen dem Schatten-Versteckspiel. Verstehen Sie mich nicht falsch. Das Ego muss nicht aufgelöst werden, denn es ermöglicht uns letztlich auch die Identifikation mit einzelnen Dingen der Welt – wir können uns mit den Dingen auseinandersetzen. Das Ego ist uns also durchaus dienlich. Jedoch schafft die Anhaftung an das Ego nur Leid; es kann in einer entwurzelten Gesellschaft, das sich von der Ausrichtung auf die Mitte abgewendet hat uns mehr schaden als nutzen. Das Ego ist letzen Endes nur ein Gedankenkonstrukt; man sollte es wie eine Gabe nutzen, und nicht als die Wahrheit ansehen.

Hindernis Nr. 3 – Wünsche und Suchtbefriedigung (Raga)

Laut Buddha sind Wünschen und Verlangen die Hauptgründe von Leiden. Das Verlangen nach Sinnesbefriedigungen ist eine starke Kraft, und unser Geist steht permanent unter ihrem Bann; dies wiederum trübt unsere Wahrnehmung. Wünschen und Verlangen sind in gewisser Weise wichtig fürs Überleben, können aber auch blind und gierig machen. Leider ist unsere moderne Zivilisation eine Suchtgesellschaft, und damit in der Materie gefangen.
Ein wahrer Wunsch kommt immer von der inneren Quelle, dem inneren Lebensfeuer; die Sinne trüben diese Quelle – die Sinne täuschen uns eine Wichtigkeit vor. Der Geist hält die Zügel und bändigt die Sinne in ihrem Verlangen, darf sie jedoch nicht allzu sehr unterdrücken – die Zügel dürfen nicht zu fest und nicht zu locker sein. Fragen: Was will ich wirklich beim Verlangen nach XY? Wichtig ist es, das man seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenkt und stets der Herrscher seines Selbst bleibt. Eine Riesenwunschliste lässt einen nur unersättlich werden, zudem kostet dies uns nur viel Zeit und Energie, manchmal auch unser wertvollstes – was in unserer heutigen Zeit das Geld ist. Verzicht ist in diesem Sinne viel besser, kommt es doch einer Art Seelenfasten gleich, und ebenso wie das Körperfasten, ist dies äußerst reinigend. Außerdem: wir bekommen nicht immer das was wir wollen, sondern oft nur das, was wir wirklich brauchen.

Hindernis Nr. 4 – Abneigung und Hass (Dvesha)

Der menschliche Geist reagiert auf viele Dinge des Lebens die unangenehm sind mit Abneigung, oder gar mit Hass. Der geistige Widerstand, erzeugt automatisch auch einen körperlichen Widerstand, was zu vielseitigen Symptomen führt. Unser ganzes Wesen versteift sich und verschließt sich der Welt. Anstatt dem Leben offen zu begegnen, und die Dinge lichtvoll zu betrachten, reagieren wir mit Abwertung und Rückzug, und sind so auch nicht mehr fähig, die innere Stimme und den Meister in uns wahrzunehmen respektive ihn „anzunehmen“.
Wogegen man sich wehrt, das hat man am nötigsten. Durchbrechen wir diese Abwehr, dann kann die so befreite Energie wieder frei fließen – und wir können die innere Stimme wahrnehmen und ihr folgen.
Hass ist die konsequente Steigerung von Angst, Ärger und Wut; und ist in dieser Form am schädlichsten – nicht nur körperlich, sondern vor allem psychisch. Man kann regelrecht blind vor Hass werden, so dass man Lösungen nicht mehr sieht, die eigentlich ganz offensichtlich sind – ebenso ist man taub für die innere Stimme. Hass betäubt unsere Sinne; lässt uns bestimmte Schmerzen nicht mehr fühlen; ist ein Mangel an Bewusstheit und Liebe. Dies wiederum heisst aber auch, das ein mehr an Bewusstheit und Liebe, den Hass – und damit uns und die Welt -, zu heilen vermag.

Hindernis Nr. 5 – Angst (Abhinivesha)

Angst ist eine lebensbestimmende Grundemotion. In jeder Form der Psychotherapie geht es im Grunde um die Beseitigung von Angst. Angst ist als Motor der Evolution nützlich und wichtig, doch sie kann uns auch sehr schaden – sowohl geistig, als auch körperlich. Angst kann uns blockieren und ist das bedeutendste Hindernis auf dem Weg zu einem innigen Kontakt mit dem Meister, seine innere Stimme.

Das beste Mittel gegen Angst ist absolutes Vertrauen – in sich und die Welt. Angst kann so weit gehen, dass wir unser Selbst darin verlieren; das Ego kann sich auf die Angst versteifen. Um die innere Stimme zu hören, die im „Hier-und-Jetzt“ präsent ist, sollte man seine ganze Aufmerksamkeit auch auf dieses Hier-und-Jetzt, also auf die Gegenwart richten. Im Gegensatz dazu fixieren Ängste unsere Aufmerksamkeit nur auf die Zukunft und/oder Vergangenheit, was uns von der Mitte zur Peripherie führt.
Emotionen

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