Geschichte des Geldes: Von der Muschel zur Hyperinflation

Am Ende der Hyperinflation 1923 gab es einen 100 Billionen Mark Geldschein.
Am Ende der Hyperinflation 1923 gab es einen 100 Billionen Mark Geldschein.

Die Geschichte des Geldes – Erstes Kapitel

Die Geschichte des Geldes ist ein spannendes Thema und hilft uns, dass heutige Geldsystem besser zu verstehen. Bei dieser Reise durch die Zeit werden wir feststellen, dass das jeweils herrschende Geldsystem stets ein Geldsystem der Herrschenden ist, und ihnen dazu dient, ihre Untertanen zu betrügen, um ihre Macht und ihren Reichtum zu mehren. Die Gründe für diesen Betrug an der eigenen Bevölkerung sind vielfältig und variieren im geschichtlichen Ablauf.

Relief eines Münzschlägers aus der frühen Neuzeit von Till Westermayer
Relief eines Münzschlägers aus der frühen Neuzeit von Till Westermayer

Schon seit ewigen Zeiten hat das gemeine Volk immer wieder unter dem von seiner unersättlichen herrschenden Klasse konstruierten Geldsystem zu leiden. Nur die Art und Weise, wie das Geld im Lauf der Geschichte manipuliert wurde, hat sich geändert und mit der Einführung des durch nichts gedeckten Papiergelds ungeheure Ausmasse angenommen. Die kriminellen Machenschaften am Geld haben, obwohl wir heute in einer freiheitlichen Demokratie leben, eher noch zugenommen.
Regierungen lassen also bis heute nichts unversucht, um die Bevölkerung mit dem jeweils umlaufenden Geld zu betrügen. Wir wissen heute nur nichts davon, weil die perfide Konstruktion des Geldsystems im Laufe der Zeit immer weiter perfektioniert wurde. Sie wurde absichtsvoll immer mehr verschleiert und verkompliziert, und hinter einem schwer zu durchdringenden Nebel versteckt.
Das erste Kapitel der Geschichte des Geldes erstreckt sich von den Anfängen als reines Tauschmittel bis zur Hyperinflation von 1922/23 in Deutschland. In komprimierter Form werden die wichtigsten Stationen der jeweiligen Geldsysteme und ihrer Auswirkungen während dieser Zeitspanne aufgezeigt. Schon allein der Kürze wegen erhebt diese Abhandlung keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Geldkarriere der Kaurischnecke

Sieht man die Schönheit der Schale der Kaurischnecke, dann versteht man, dass Menschen sie als wertvoll betrachten
Sieht man die Schönheit der Schale der Kaurischnecke, dann versteht man, dass Menschen sie als wertvoll betrachten

Lange begnügte sich die Menschheit mit reinem Tauschhandel. Der Bauer gab dem Fischer einen Sack Kartoffeln und bekam dafür ein paar Fische. Manchmal stellte sich das aber als problematisch heraus. Wenn ein Schreiner einen Tisch an einen Bauer verkaufen wollte, bekam dieser vielleicht als Gegenwert einhundert Blumenkohlköpfe, da diese der Bauer gerade geerntet hatte.
Morgens, mittags und abends Blumenkohl, da möchte ich aber, während der Zeit dieser Art der Nahrungszufuhr, nicht bei diesem Schreiner und seiner Familie zu Gast gewesen sein. Und trotz dieser heftigen Blumenkohlkur fingen die restlichen Kohlköpfe irgendwann an zu faulen. Um dieses Problem des Tauschhandels zu beheben, kam man auf die Idee, den Tisch anstelle von Blumenkohl mit einem Zwischentauschmittel zu bezahlen.
So entstand eine erste Form von Geld, mit dem man Waren bezahlen konnte. Von Anfang an wurden werthaltige, nützliche und schöne Dinge wie etwa Getreide, Muscheln oder Pfeilspitzen, die von jedermann begehrt wurden, als Geld verwendet. Mit einem dadurch immer weiter expandierenden Handel tauchte aber eine neue Schwierigkeit auf. Man konnte nicht überall mit Muscheln bezahlen, in einer anderen Gegend wurde vielleicht mit Kaurischnecken, ein Zahlungsmittel in Afrika, Asien und der Südsee, gehandelt. Man brauchte also ein Tauschmittel mit universellem inhärentem Wert, dass in der damals bekannten Welt überall als wertvoll und werterhaltend anerkannt wurde.
Diese Bedingungen erfüllten Gold und Silber, und damit war das Ende der Kaurischnecke als Geld eingeläutet (in China aber noch Zahlungsmittel bis ins 10. Jahrhundert). Die beiden Edelmetalle haben den Vorteil selten zu sein und bei Teilung nicht an Wert zu verlieren. Wenn man ein 100 Gramm Goldstück in zehn Teile von je 10 Gramm teilt, besitzen diese zehn Teile zusammen immer noch soviel Wert, wie das ursprüngliche Goldstück. Das hätte bei einem Tisch oder einer Pfeilspitze nicht ganz so gut funktioniert. Man hatte jetzt also etwas werthaltiges und teilbares als Verechnungseinheit, aber das ständige absägen und abwiegen von Gold und Silber war immer noch sehr unpraktisch.

König Krösus schlägt als Erster zu

König Krösus empfäng seinen Tribut
König Krösus empfäng seinen Tribut

Um diesem Problem zu begegnen, fingen die Lyder im 6. Jahrhundert v. Chr. unter König Krösus als erste damit an, Münzen zu schlagen. Sie bauten in großen Mengen Edelmetalle ab und konnten es sich leisten Münzen mit einheitlicher Größe und einheitlichem Wert zu prägen. Diese frühen Münzen aus Gold und Silber waren die ersten Kurantmünzen. Deren wichtigste Eigenschaft ist es, dass ihr Wert durch das Metall, aus dem sie bestehen, gedeckt ist.
Schon vor 2500 Jahren erfüllte in Lydien diese erste Form einer Währung bereits alle klassischen Geldfunktionen. Die Münzen vereinten in sich Tauschmedium, Zahlungsmittel, Wertmesser und Wertspeicher. Das kann man von unserem heutigen Geld nicht mehr behaupten, zumindest als Wertaufbewahrungsmittel ist es nicht mehr zu gebrauchen. Beispielsweise hat der Euro innerhalb von nur 12 Jahren schon 50% seines Wertes verloren.

Die Pleite des antiken Griechenland

Im antiken Griechenland verkörperten die einzelnen Geldfunktionen zunächst eine unterschiedliche Klasse von Gütern. Als Tauschmittel dienten ihnen Wein, Kupfer, Eisen und Sklaven, als Zahlungsmittel verwendeten sie Pfeilspitzen und Bratspieße. Der Wertmesser der alten Griechen war das Vieh und als Wertspeicher gebrauchten sie Juwelen. Das änderte sich, nachdem sie einige Jahrzehnte nach den Lydern auch damit anfingen Münzen zu schlagen.
Nicht lange danach kam es im damals mächtigen Griechenland zu einem äußerst bemerkenswerten Ereignis. Durch den verlorenen Peloponnesischen Krieg gegen Sparta war nicht nur die Macht des antiken Griechenland gebrochen, der Staatenbund war auch vollkommen Pleite. Um sich zu entschulden lies er 1.500 der reichsten Bürger von Athen ermorden und konfiszierte deren Vermögen. Ein gutes Beispiel dafür, dass ein bankrotter Staat vor überhaupt nichts zurückschreckt, um an das Geld seiner Bürger zu kommen.

Geldbetrug im Römischen Reich

Am Anfang noch aus purem Silber, war der Denar am Ende nur noch aus Kupfer, mit einem hauchdünnen Silberüberzug.
Am Anfang noch aus purem Silber, war der Denar am Ende nur noch aus Kupfer, mit einem hauchdünnen Silberüberzug.

Die römischen Kaiser waren wahrscheinlich die ersten, die mit dem Betrug an ihren Bürgern durch das Geldsystem anfingen. Zur Zeit der Punnischen Kriege (264-146 v. Chr.) begann das Römische Reich damit, heimlich den Silbergehalt ihrer Münzen zu verringern. Von nun an finanzierte das expandierende Rom seine kostspieligen Kriege und seinen aufwendigen Lebenswandel mit Hilfe dieser Methode.
Die kriminelle Geldpolitik ihres Staates blieb den römischen Bürgern natürlich nicht verborgen. Nachdem sie bemerkt hatten, dass der Silberanteil ihres Geldes stetig abnahm, verloren sie das Vertrauen in die immer neuen Münzformen. In der Folge wurden insbesondere ältere Münzen gehortet oder eingeschmolzen.
Das Geld verlor so stark an Bedeutung, dass beispielsweise der Sold der römischen Soldaten direkt in Getreide ausgezahlt wurde. Zum völligen Zusammenbruch der römischen Silberwährung kam es schliesslich im 3. Jahrhundert n. Chr., so dass Kaiser Konstantin der Große, als Reaktion darauf, die Silberwährung durch eine stabile Goldwährung ersetzte. Seither zieht sich die kriminelle Geldpolitik der Enteignung des Volkes durch Inflation wie ein roter Faden durch die Geschichte.

Geldsäcke und der Templerorden

Eine der Bankfilialen der Templer war der Krak des Chevaliers in Syrien © BERNARD GAGNON
Eine der Bankfilialen der Templer war der Krak des Chevaliers in Syrien © BERNARD GAGNON

Dank der Erfindung des Münzgeldes, vorausgesetzt es wurde nicht gefälscht, konnte der Handel jahrhundertelang über alle Regionen und Landesgrenzen hinweg florieren. Die Gold- und Silbermünzen eines Staates hatten den Vorteil immer gleiche Größe, gleiches Gewicht und gleiches Aussehen zu besitzen und statt gewogen, einfach abgezählt werden zu können. Handelte man mit ausländischen Münzen spielte nur das Gewicht der Münzen eine Rolle, es war dabei völlig egal ob es sich um lydisches, griechisches, keltisches oder römisches Geld handelte. Im Laufe der Zeit vergrößerte sich das Handelsvolumen aber derart, dass es immer unpraktischer und gefährlicher wurde, die kontinuierlich größer werdenden Mengen an Gold- und Silbermünzen in Säcken durch die Gegend zu schleppen.
Deshalb kam man auf die Idee, statt den Geldsäcken einfach ein Beglaubigungsschreiben mit auf die Reise zu nehmen, mit dem man bezahlen konnte. Der Templerorden ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein System mit solchen Kreditbriefen funktionierte. Die Templer hatten Burgen in vielen Ländern und horteten in jeder von ihnen Gold und Silber. Dieses System von “Bankfilialen” versetzte die Kreuzritter in die Lage Beglaubigungsschreiben für Handlungsreisende auszugeben und sie brachten damit im 12. Jahrhundert ein erstes internationales bargeldloses Zahlungssystem hervor.
In der Praxis sah das folgendermassen aus: Ein Kaufmann zahlte einen bestimmten Betrag in Berlin-Tempelhof ein und bekam dafür einen Kreditbrief. Mit diesem reiste er unbelastet nach Jerusalem und löste ihn im dortigen Mutterhaus der Templer wieder gegen Gold- und Silbermünzen ein. Der Umgang mit diesen Kreditbriefen war für die Händler so bequem, dass sie untereinander gar nicht mehr auf den Umtausch gegen physische Goldmünzen bestanden, sie übernahmen einfach den Kreditschein eines anderen Kaufmanns. Mit diesen Kreditbriefen war im Grunde das erfunden was wir heute als Geldscheine kennen. Allerdings mit einem grundlegenden Unterschied: Kein Kaufmann wäre damals auf den absurden Gedanken gekommen, dass so ein Papierschein Geld ist. Es war für ihn nur ein Versprechen, dass ihm gegen Vorlage dieses Kreditbriefes richtiges Geld, also Gold- und Silbermünzen ausbezahlt werden.

China führt die erste Fiatwährung ein

Banknote der Hongwu Periode aus dem 14. Jahrhundert, der Zeit des ungedeckten Papiergeldsystems in China.
Banknote der Hongwu Periode aus dem 14. Jahrhundert, der Zeit des ungedeckten Papiergeldsystems in China.

Die Geschichte des Geldes begann wahrscheinlich in China. Schon im 2. oder 3. Jahrtausend v. Chr. verwendeten die Chinesen die Schalen von Kaurischnecken als sogenanntes Kaurigeld. Während der Shang-Dynastie, sie regierte China zwischen dem 16. Jahrhundert v. Chr. bis etwa zum 11. Jahrhundert v. Chr., kamen Zahlungsmittel aus Bronze in Gebrauch. Im Jahre 221 v. Chr. führte Kaiser Qin Shi Huangdi im Zuge der Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten eine gemeinsame Kupferwährung ein, die aus runden Münzen bestand. Diese Art der Münzwährung hielt sich bis in das 11. Jahrhundert n. Chr.
In dieser Zeit bekam man in China dieselben Probleme mit dem Münzgeld wie im Westen. Durch das enorme Wirtschaftswachstum wurden die Mengen der für Zahlungen benötigten Münzen immer größer. Das stellte die Handelsteilnehmer vor erhebliche Probleme und die Zentralregierung begann ab dem Jahr 1024 damit, monopolisiert offizielle staatliche Banknoten in Umlauf zu bringen. Dieses Papiergeld war durch kaiserliches Gold und Silber gedeckt und konnte sich im 12. Jahrhundert deswegen als wichtigstes Zahlungsmittel etablieren.
Die mongolische Yuan-Dynastie (1279-1368) schaffte die Edelmetalldeckung ab und führte damit die weltweit erste Fiat-Währung (Fiat lat.: es werde) ein. Der Besitz von Gold und Silber wurde verboten, beide Metalle mussten restlos der Regierung übergeben werden. Schon bald begannen die Probleme mit einem ungedeckten Papiergeldsystem, der Staat druckte in Unmengen Geld. Es kam immer wieder zu erheblicher Inflation, der man 1287 und 1309 nur mit einer Währungsreform begegnen konnte.

Der Silberdollar des George Washington

55 Dollar Banknote der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 1779 © BEYOND MY KEN
55 Dollar Banknote der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 1779 © BEYOND MY KEN

Ein ähnliches Geldsystem mit Münzen aus Edelmetall und Kreditbriefen schufen die Gründerväter der USA fünf Jahre nach Inkrafttreten ihrer Verfassung. George Washington und seine 55 Delegierten wussten genau was sie taten, als sie das Währungsgesetzt von 1792 verabschiedeten und damit den Dollar (Dollar kommt von der deutschen Münzbezeichnung Taler) ins Leben riefen.
Sie wollten ein wirklich stabiles Geld und bestimmten, dass der sogenannte Silberdollar (Gewicht 24,05 g) und einige kleinere Silbermünzen das einzige von der Verfassung erlaubte Geld waren. Wie ernst sie es damit meinten sieht man daran, das auf eine Manipulation des Geldes die Todesstrafe stand. So hatte man aber wieder das Problem mit den Geldsäcken, die man mit sich herumschleppen musste. Die Regierung erlaubte deswegen privaten Banken Kreditbriefe wie zu Zeiten der Kreuzritter auszustellen.
Man nannte diese Briefe “Banknoten” und die Banken, die sie ausstellten, “Notenbanken”. Auch in dieser Zeit wäre niemand darauf gekommen, dass diese Banknoten etwa Dollars wären. Sie waren wiederum nur ein Versprechen einer Bank auf die Auslieferung von echtem Geld, also von Silberdollars, gegen die Vorlage so einer Banknote.

Sir Isaac Newton und der Goldstandard

Die von 1888 bis 1913 geprägte Goldmark 20 Mark Preussen Wilhelm II. Als Kurantmünze entsprach der Wert ihres Goldgewichtes dem ihres eingeprägten Wertes. © D.J. MUELLER
Die von 1888 bis 1913 geprägte Goldmark 20 Mark Preussen Wilhelm II. Als Kurantmünze entsprach der Wert ihres Goldgewichtes dem ihres eingeprägten Wertes. © D.J. MUELLER

Dasselbe System wurde beim englischen Pfund Sterling angewendet. Die Währung bestand in erster Linie aus Silbermünzen und Banknoten waren mit Silber gedeckt. Das englische Pfund wurde um 770 n. Chr. eingeführt und ist damit die älteste heute noch bestehende Währung der Welt. Der englische Münzmeister Sir Isaac Newton berechnete im Jahr 1717 den Gold-Silber-Wechselkurs falsch und legte dadurch einen zu niedrigen Silberpreis in Verhältnis zum Gold fest.
Da die englischen Silbermünzen aus Sterlingsilber mit einem von Feingehalt 925/1000, also aus fast reinem Silber bestanden, begannen deshalb immer mehr ausländische Investoren ihr Gold gegen das billige Silber zu tauschen. England war dadurch mit einer ständig zunehmenden Menge an Gold und gleichzeitig stark abnehmenden Silberbeständen konfrontiert, und so wurden Goldmünzen zum dominierenden Zahlungsmittel. Das seinerzeit mächtige England führte daraufhin im Jahre 1816 als erster Staat offiziell eine vollständige Goldwährung ein. Dieser Goldstandard wurde im Laufe der Zeit von so gut wie allen Staaten der Welt übernommen und die meisten Währungen damit am Wert des Goldes gemessen.
Durch dieses Geldsystem gab es einhundert Jahre lang einigermassen stabile wirtschaftliche Verhältnisse. Es gab keine Inflationen oder Währungsreformen, der Wert des Geldes blieb erhalten. Mit Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 wurde dieser Goldstandard von den deutschen Königreichen übernommen. Zuvor gab es in ihnen noch überwiegend den silbernen Taler. Die Sprichwörter wie “Die gute alte Zeit” oder “Goldene Zeiten” haben ihren Ursprung in der Epoche des Goldstandards von 1871 bis 1914.

Kriminelle Geldpolitik und die Angst vor einem Bankrun

Dieses gut funktionierende System von goldgedeckten Banknoten, gegen deren Vorlage man echtes Geld, also Gold- und Silbermünzen bekam, nennt man heute Golddeckung oder Goldhinterlegungsstandard. In diesem Geldsystem konnten neues Papiergeld oder Banknoten nur ausgegeben werden, wenn die Staaten auch die entsprechende Menge Gold zur Verfügung hatten. Doch irgendwann hat man erkannt, das ja niemals alle Banknoten gleichzeitig vorgelegt wurden. Was auch passierte, es war äusserst unwahrscheinlich, dass alle Menschen gleichzeitig ihr Gold wollten.
Nach dieser Erkenntnis fing man damit an immer mehr Papiergeld zu drucken, als Gold in den Tresoren lag. Auch wenn wir das als Betrug bezeichnen würden, wird dieser Tatbestand, wenn eine Regierung so etwas macht, als Geldpolitik bezeichnet. Da Staaten immer mehr Geld brauchen als sie haben, ob nun für irgendwelche Prunkbauten, zur Kriegsführung oder für was auch immer, lies man kräftig die Druckerpressen rotieren. Daher kommt übrigens auch die Urangst der Banker vor einem Bankrun, damals hatte man das Gold nicht und heute hat man noch nicht einmal mehr das Geld, um alle Kunden bedienen zu können.

John Law und der französische Sonnenkönig

John Law in seiner Zeit als Direktor der Banque Royale
John Law in seiner Zeit als Direktor der Banque Royale

In unseren Breiten entstand zum ersten Mal ein Fiat-Geldsystem in Frankreich während des 18. Jahrhundert. Als der Sonnenkönig Ludwig XIV. im Jahr 1715 starb, waren in Frankreich allein die jährlichen Zinsen für die Staatsschuld schon größer, als die laufenden Staatseinnahmen. Zu dieser Zeit hatte der Schotte John Law (1671 – 1729) die revolutionäre Idee, dass Geld nicht aus Gold sein muss. Auf diese Idee kam er durch seinen Vater, einen Goldschmied. Klein John sah, das sein Vater einigen Kaufleuten immer wieder Geld lieh, damit sie Waren kaufen konnten. Nachdem ein Kaufmann diese Waren wieder verkauft hatte, gab er dem Vater das geliehene Geld mit Zinsen zurück und hatte noch einen Teils des Gewinns für sich selbst.
So hatte der Kaufmann also plötzlich Geld, wo vorher keines gewesen war. Law hatte begriffen, dass ein Kredit Wohlstand dort entstehen läßt, wo vorher überhaupt nichts war. Er stellte sich die Frage: “Wenn dem so ist, warum musste dann Geld aus Gold sein?” Im Alter von 34 Jahren entwarf er daraufhin seinen revolutionären Plan einer neuen Wirtschaftsordnung mit Geld aus Papier, dass von einer staatlichen Bank gedruckt wurde und das nicht mehr mit Gold oder Silber hinterlegt war.
Er war mit seinem in dieser Zeit phantastisch anmutenden Finanzierungprojekt schon an mehreren europäischen Höfen abgewiesen worden. Da die Franzosen wegen ihrer zerrütteten Staatsfinanzen aber mit dem Rücken zur Wand standen, wagten sie das Experiment. Das Vorhaben scheiterte vor allem daran, dass viel zu viel Geld in Umlauf gebracht wurde. Mit dem Papiergeldsystem von John Law in Frankreich wurde das Kapitel der Inflationierung durch eine mühsame Münzverschlechterung endgültig zu den Akten gelegt. Mit Zetteln ging das doch viel einfacher, man musste sie nur drucken. Deshalb wurde trotz des damaligen Scheiterns die Idee schon bald wieder aufgegriffen. Der Gedanke, Geld aus Papier zu erschaffen war so verlockend, dass die Regierungen bis heute an dem System festhalten. Man kann sagen, dass die Geburtsstunde von John Law auch die Geburtsstunde des modernen Kapitalismus ist.
Die von vielen immer wieder vertretene Meinung, dass der Schotte der Erfinder der modernen Inflation ist, ist so nicht ganz richtig. Erstens waren ihm die Chinesen mit der Installation eines ungedeckten Schuldgeldsystems weit voraus und zweitens wollte er, dass das Geld in seinem System in Form von Grundstücken oder ähnlichen Werten zumindest teilweise gedeckt sein sollte. Man kann davon ausgehen das Law wusste, dass er ein Geldsystem geschaffen hatte, das es Regierungen besonders leicht macht die Geldmenge zu manipulieren. Aber wahrscheinlich hatte er nicht mit der Skrupellosigkeit gerechnet, mit der Staaten dieses System ausnutzen, um ihre bankrotten Haushalte zu finanzieren. Heutzutage genügt schon ein Knopfdruck, um Geld aus dem nichts zu schaffen.

Geldscheine mit dem Wert von 100 Billionen Mark

Am Ende der Hyperinflation 1923 gab es einen 100 Billionen Mark Geldschein.
Am Ende der Hyperinflation 1923 gab es einen 100 Billionen Mark Geldschein.

Mit dem Beginn des I. Weltkriegs fielen endgültig alle Schranken der Geldschöpfung, denn der war so teuer, das er ohne die Abschaffung der Golddeckung gar nicht hätte stattfinden können. Der Betrug, mehr Geld zu drucken als Gold vorhanden war, reichte ab 1914 nicht mehr aus. Man führte Regelungen ein, nach denen nur noch 30% des Geldes mit Gold gedeckt sein mussten, oder schaffte die Golddeckung gleich ganz ab.
Nur ein Beispiel: Die Geldmenge des Deutschen Reiches stieg von 1914 bis 1918 von 9 Milliarden Reichsmark auf 52 Milliarden Reichsmark, einfach mit Hilfe der Druckerpresse und ohne jeden Gegenwert. Das war aber nicht nur in Deutschland so und die Folgen dieser weltweiten unmässigen Geldmengenausweitung kennt man. Hyperinflation, Zusammenbrüche der Wirtschaften, Massenarbeitslosigkeit, Verarmung, Hunger und in der Folge der II. Weltkrieg. Es gab zwischen den beiden Weltkriegen immer wieder Versuche den Goldstandard zu reanimieren, sie scheiterten aber stets an den Interessen bestimmter einflussreicher Personenkreise.
Eine der radikalsten Geldentwertungen, die es in der Geschichte jemals gab, erlebte Deutschland von 1914 bis 1923. Die mit dem Beginn des 1. Weltkriegs aufgehobene Golddeckung der Banknoten und die darauf folgenden Gelddruckorgien führten zu einer immer stärker werdenden Inflation. Die Kaufkraft der Bürger wurde abgeschöpft und eine schleichende Enteignung begann. Doch das alleine reichte dem hoch verschuldeten Staat nicht. Um an noch mehr Geld zu kommen, apellierte er an den Patriotismus des deutschen Volkes und legte mehrere Kriegsanleihen auf. Unter anderem gab es die Aktion “Gold gab ich für Eisen”.
Nach dem verlorenen Krieg und den daraus folgenden großen Belastungen für Deutschland gab es kein halten mehr. Die Gelddruckerei nahm immer groteskere Ausmasse an, die ihren Höhepunkt schliesslich in der Hyperinflation von 1922/23 fand. Um nicht mit einem LKW bei der Bank vorfahren zu müssen, gab es in dieser Zeit Geldscheine mit einem unglaublichen Wert von 100 Billionen Reichsmark. Morgens kostete ein Brot noch einhundert Millionen, abends waren es schon 200 Millionen. Das Leiden unter der Bevölkerung in dieser Zeit war unbeschreiblich. Die meisten Menschen lebten in bitterster Armut, in Hunger und Elend. Das am Ende einer Inflation nicht nur der Staat, sondern auch fast alle seine Bürger bankrott sind, dass scheint der herrschenden Klasse aber völlig egal zu sein.
Es gibt einen Witz aus dieser Zeit:

“Eine Frau fährt mit ihrem Schubkarren voll Geld zum Bäcker und lässt ihn draußen stehen, um zu Fragen wieviel Millionen heute ein Brot kostet. Als sie wieder nach draußen geht liegt ihr Geld auf dem Bürgersteig und der Schubkarren ist weg.”

Epilog

Nach diesem ersten Kapitel der Geschichte des Geldes wird klar: in den Epochen, in denen Währungen aus Gold und Silber bestanden, herrschten stets stabile wirtschaftliche Verhältnisse. Kurantmünzen oder gold- und silbergedeckte Banknoten sind das einzige Geld, dass alle klassischen Geldfunktionen erfüllen kann. Seit Tausenden von Jahren sind Gold und Silber Tauschmedium, Zahlungsmittel, Wertmesser und Wertspeicher. Daran hat sich, trotz vielfältiger Versuche diese Edelmetalle zu diskreditieren, bis heute nichts geändert.
Die schlimmsten Auswüchse in unserem heutigen ungedecktem Papiergeldsystem wie Inflationen, Deflationen oder Währungsreformen gab es in solchen Zeiten nicht, denn den Staaten war es nur schwer möglich mehr Geld zu prägen oder zu drucken, als sie Gold und Silber hatten. Das man sich trotz der Lektionen aus der Geschichte für ein so instabiles Geldsystem entschieden hat, liegt an der kriminellen Geld- und Machtgier der herrschenden Klassen.
Das zweite Kapitel der Geschichte des Geldes wird ausschliesslich von der Gründung des Fed im Jahr 1913 in den Vereinigten Staaten handeln. Schon jetzt kann ich versprechen, dass die Entstehungsgeschichte des Federal Reserve Act ein unglaublich spannendes und erhellendes Thema ist. Es ist ein Thriller, den Alfred Hitchcock hätte nicht spannender inszenieren können.
Das erste Kapitel gibts im Original auf http://www.rolandrausch.de/geldsystem/geldgeschichte/altertum-1923.htm

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Durch meine Ausbildungen zum Mechaniker und technischen Kaufmann, meiner Tätigkeit als Betriebsleiter und der Selbstständigkeit mit einem kleinen Handwerkbetrieb, glaubte ich etwas von Wirtschaft und Finanzen zu verstehen. Nun ja, ich verstand schon etwas von dem ökonomischen Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, von Banken, Buchhaltung oder Bilanzen. Aber als mit dem Immobiliencrash in den USA 2007 die Finanzkrise begann und ich anfing mich näher mit den Finanzmärkten zu beschäftigen wurde mir klar, dass ich eigentlich so gut wie nichts über das große Spiel in der Finanzwelt und das Geldsystem selbst wusste. Ich wollte mehr erfahren. Licht ins Dunkle brachte dann Bernd Senf. Meine Erkenntnisse der letzten Jahre haben mein Leben verändert. Dieses perfide System verstanden und mein Bewusstsein in diese Richtung erweitert zu haben, versetzt mich heute dazu in die Lage, hinter die Kulissen von Finanz, Wirtschaft und Politik zu blicken.

2 Kommentare

  1. Danke für diesen tollen Überblick!
    An einer Stelle ist jedoch eine starke Verkürzung, die wg. Ungenauigkeit des Wertbegriffs (Metallwert – Nominalwert) m.E. zu Fehlschlüssen/-deutungen führt, und zwar die Aussage:
    “Das kann man von unserem heutigen Geld nicht mehr behaupten, zumindest als Wertaufbewahrungsmittel ist es nicht mehr zu gebrauchen.”
    Ansonsten sehr kompakt und gut gelungen, wie ich finde.

  2. P.s. Ich wüsste gern, wie eigentlich das genaue Verhältnis von Material- und Nominalwert bei Euro-Münzen ist? (vllt. werde ich mal bei der Bundesbank nachfragen…)
    Enchanté

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