Der Islam wird die europäische Gesellschaft „aufsprengen“!
Diese Ansicht vertritt neben vielen anderen auch der algerische Schriftsteller Boualem Sansai. In Interviews mit westlichen Medien malte der mutige Autor eine Vision Europas, das vom radikalen Islam unterjocht ist. Nach Aussage von Sansai richten sich die zahlreichen Terroranschläge, wie beispielsweise in Paris und Brüssel, gegen den westlichen Lebensstil. Sansai ist der Meinung, dass viele radikale Gruppierungen auf Dauer nicht einmal in der Lage sind schwache und strukturlose arabische Staaten unter ihre Kontrolle zu bringen, also liegt ihr Ansinnen darin, die westliche Welt dazu zu bringen sich selbst zu zerstören. Sie haben die Absicht die Gesellschaft zu spalten und sie wissen, wenn ihnen dieses gelingt, fällt der westliche Lebensstil in sich selbst zusammen.
Morddrohungen gegen friedliche Dissidenten
Sansai hat bereits einige Morddrohungen erhalten und gehört zu einer rapide anwachsenden neuen Generation, einer Art Armee von muslimischen Dissidenten. Diese mutigen, intellektuellen Muslime sind die Speerspitze einer neuen Befreiungsbewegung für Millionen Muslime, die danach streben ihren Glauben in Freiheit und im Frieden zu praktizieren, ohne sich dem Diktat von Fundamentalisten und Fanatikern zu unterwerfen. Diese muslimischen Dissidenten verfolgen interreligiöse Koexistenz, Gewissensfreiheit, Pluralismus in der Öffentlichkeit, Kritikfähigkeit am Islam und Respekt vor dem allgemeinen Recht. Für viele Länder in der islamischen Welt könnte ihre neue Botschaft niederschmetternd sein. Aus diesem Grund machen radikale Islamisten Jagd auf sie.
Lehren der Geschichte
Wie so oft in der historischen Vergangenheit geht es um Einzelpersonen. Sie sind es, die den Unterschied ausmachen und geschichtlich bedeutende Vorgänge auslösen können. Ein Lech Walesa, der den Umschwung in Polen einleitete. Ronald Raegan, Michail Gorbatschow, Boris Jelzin und die Dissidenten, welche den Fall der Sowjetunion entscheidend beeinflussten. Ein Professor Robert Havemann, dessen Tod in der damaligen DDR wenig Aufmerksamkeit zu Teil wurde, der aber im Kampf gegen das Regime unter ständigem Hausarrest und unter der Beobachtung der Staatssicherheit stand. Der alte Professor ließ sich nicht einschüchtern und blieb ein aufmerksamer Regimekritiker. Ein ebenso mutiger Streiter war der Held des tschechoslowakischen Antikommunismus, Jan Patocka. Seine brillanten Vorträge wurden auf ein winziges Seminar reduziert und er arbeite im Untergrund weiter, bis er in einem Polizeiverhör zu Tode kam. Vom KGB verfolgt schrieb Alexander Solschenizyn die Kapitel seines berühmten „Archipel Gulag“ nieder und versteckte diese bei verschiedenen vertrauenswürdigen Personen, damit niemand das gesamte Manuskript besaß. Papst Johannes Paul II war zwar ein eher konservativer Mann der katholischen Kirche und konnte dennoch viel bewegen. Dies sind nur einige Beispiele von vielen in der Geschichte.
Der Islam als „Eiserner Vorhang“
In heutiger Zeit ist vom Islam ein neuer Eiserner Vorhang gegen den Rest der Welt errichtet worden. Die neuen Helden sind muslimische Dissidenten, die Apostaten, die Häretiker, die Rebellen und die Ungläubigen. Es war kein Zufall, dass Salman Rushdie, indisch-britischer Schriftsteller aus muslimischer Familie, das erste Opfer einer sogenannten Fatwa war. Pascal Bruckner, französischer Essayist und Romancier, nannte Personen wie Rushdie „Freidenker der muslimischen Welt“. Wünschenswert ist eine breite Unterstützung, denn wenn die Feinde der Freiheit aus freien Gesellschaftsformen kommen, dann kommen einige der besten Verteidiger der Freiheit aus islamistischen oder totalitären Systemen. Europa sollte diesen Personen politische, moralische und finanzielle Unterstützung gewähren, statt diese durch eigene profilierungssüchtige Intellektuelle zu diffamieren und zu verleumden.
Die Dissidenten des Islam
Der algerische Schriftsteller Kamel Daoud, der Saudi-Arabien als vollendetes Kalifat des Islamischen Staates bezeichnete, entfachte unlängst einen „Islamophobie-Streit“, weil er seine eigene Wut gegen die vielen naiven Menschen richtete, von denen er sagt, sie ignorieren die kulturelle Kluft, welche die arabisch-muslimische Welt von Europa trennt. Afshin Ellian, in den Niederlanden lebender Exil-Iraner und Jurist, arbeitet an der Universität in Utrecht, wo er seit dem Mord an Theo Van Gogh unter Personenschutz steht. Nach dem Massaker bei „Charlie Hebdo“, als viele Medien Europas damit beschäftigten waren den Karikaturisten eine eigene Mitschuld an der Situation zuzuschreiben, warb Ellian mit einem eindringlichen Appell die Terroristen nicht die Grenzen der freien Meinungsäußerung bestimmen zu lassen.
Eine weitere mutige Dissidentin ist Ayaan Hirsi Ali, die aus den Niederlanden in die USA fliehen musste und dort schnell zu einer der prominentesten, öffentlichen Intellektuellen wurde. Die aus Mogadischu (Somalia) stammende Frau, studierte in den Niederlanden zunächst Politikwissenschaft und spricht diverse Sprachen. Sie setzt sich vehement für die Rechte der Frauen ein und gilt als scharfzüngige Kritikerin des Islam. So schrieb sie im Jahr 2003 in einem Beitrag einer niederländischen Zeitung über den Propheten Mohammed:
„Gemessen an unseren westlichen Maßstäben ist er ein perverser Mann, ein Tyrann!“
Diese Äußerungen waren wohl ein Grund, dass ihr Morddrohungen entgegenschlugen. Nach der Ermordung des Filmregisseurs Theo Van Gogh durch einen muslimischen Extremisten in Amsterdam, fand sich an dessen Leiche auch ein Drohbrief an Ayaan Hirsi Ali.
Ebenfalls unter Polizeischutz steht der marokkanische Bürgermeister von Amsterdam, Ahmed Aboutaleb. Er äußerte gegenüber muslimischen Glaubensbrüdern und Schwestern, die gegen einige Freiheiten, die sie im Westen vorfanden protestierten, dass sie gern ihre Sachen packen und das Land verlassen könnten. Viele der mutigen Dissidenten sind Frauen. Shukria Barakzai, afghanische Politikerin und Journalistin, erklärte den islamistischen Fundamentalisten den Krieg, nachdem die Religionspolizei der Taliban sie zusammengeschlagen hatte, weil sie es wagte, sich ohne männliche Begleitung in der Öffentlichkeit zu bewegen. Kadra Yusuf, eine somalische Journalistin, unterwanderte Oslos Moscheen, um Imane bloßzustellen, besonders bezüglich deren Meinungen zur weiblichen Genitalverstümmelung, die auch nicht vom Koran oder den Hadithen gefordert wird. In Pakistan riskiert Sherry Rehman tagtäglich ihr Leben. Sie fordert eine Reform der pakistanischen „Blasphemie-Gesetze“ und ist von Islamisten für „zur Tötung vorgesehen“ gebrandmarkt worden. Die syrisch-amerikanische Autorin Wafa Sultan wurde durch ihre Islamkritik ebenfalls auf eine solche Todesliste gesetzt.
Hochverrat an der Gemeinschaft
In der Zeitung „Le Figaro“ erschien vor kurzem ein langer Artikel über muslimisch-französische Frauen, denen mit Hinrichtung gedroht wird. Die meisten von ihnen leben unter ständigem Polizeischutz. Von Muslimen als Verräter betrachtet, ist ihre Freiheit in den Augen von radikalen Islamisten ein Akt des Hochverrats an der Ummah (Gemeinschaft). Viele sind Schriftsteller und Journalisten aus arabisch-muslimischen Kulturkreisen, die die islamistische Bedrohung und inhärente Gewalt des Korans verurteilen und kritisieren. Sie stehen allein gegen den voranschreitenden Islamismus und seinen physischen Terror durch feige Attentate, aber auch gegen den intellektuellen Terrorismus, der sie einer Einschüchterung durch die Medien unterzieht. Von ihrer Gemeinschaft als Verräter abgestempelt, wird ihnen oftmals von den Eliten des Westens Stigmatisierung vorgeworfen.
Die französische Journalistin Zineb El-Rhazoui hat mehr Leibwächter als einige Minister der Regierung von Manuel Valls. Aus Sicherheitsgründen musste sie in den letzten Monaten ständig ihren Aufenthaltsort innerhalb von Paris wechseln. Die junge Wissenschaftlerin wurde in Casablanca geboren und arbeitet für die Zeitschrift Charlie Hebdo. Eine nach dem 7. Januar ausgegebene Fatwa lautet:
„Tötet Zineb El-Rhazoui, um den Propheten zu rächen!“
Ähnliche Aufrufe und Drohungen richten sich auch gegen Nadia Remadna, einer weiteren Dissidentin und der Begründerin der „Brigade der Mütter“, die sich gegen den negativen radikal-islamistischen Einfluss auf junge Muslime richtet. Die Anfeindungen gegen Remadna kamen dabei nicht aus Raqqa in Syrien, sondern aus ihrer Heimatstadt Sevran in Seine-Saint Denis und spiegeln den zunehmenden Einfluss von Islamisten in verlorengegangenen Gebieten der französischen Republik wieder.
Der aufgeklärte Islam
Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele für mutige Muslime, die sich nicht den radikalen Kräften innerhalb ihres Glaubens beugen wollen. Der verstorbene muslimisch-tunesische Essayist Abdelwahab Meddeb, der das gesamte französisch-muslimische Establishment herausforderte, als es um die Belange von „Charlie Hebdo“ ging, drückte es so aus, dass es im Kern nicht darum gehe, dass irgendjemand gegen den Islam sei. Es ginge letztendlich um den Kampf des aufgeklärten Islam gegen den dunklen Islam. Es geht auch darum, sich klar und deutlich von dem radikal-islamistischen Terror und dessen Wurzeln zu distanzieren. Eine nicht weltoffene und streng radikale Auslegung des Islam wird in der freien westlichen Welt immer ausgegrenzt bleiben. Der Iman von Drancy, Hassen Chalghoumi, trägt bei seinen Predigten eine kugelsichere Weste und wird auf der Straße von zahlreichen Polizisten mit halbautomatischen Waffen begleitet. Das alles spielt sich nicht in der „Green Zone“ von Bagdad ab, sondern im Herzen von Paris. Chalghoumi unterstützt das Verbot von Burkas und besuchte das Holocaust-Mahnmal in Jerusalem. Er zollte den Opfern von „Charlie Hebdo“ Anerkennung und befürwortet einen konstruktiven Dialog mit französischen Juden. Alle diese gemäßigten Kräfte und „Rebellen“ sind die einzige reale Hoffnung auf echte Reformen innerhalb der islamischen Welt, zur Bewahrung unser aller Freiheit im Sinne eines friedvollen Miteinanders.
Quellen
Le Figaro, Journal NeoOrg, Il Foglio, Giulio Meotti (The West’s most important Ally: Islam’s Dissidents, englischer Orginaltext), The United Nations, Wikipedia