Die Abkehr von Rede-und Meinungsfreiheit
Viele Regierungen in Europa scheinen ein neues Angst-und Feindbild zu haben: Ihre eigenen Bürger! Fakten und Beweise häufen sich, dass sogar eine nicht militante oder extremistische Meinung, die im Gegensatz zur offiziellen Regierungspolitik steht, jede Menge Ärger einbringen kann. Es droht Gefängnis, Bußgelder, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, Unterlassungsklagen oder der nicht erwartete polizeiliche Besuch. Übertrieben? Mag sein, aber in immer mehr sich häufenden Fällen, ist eine deutliche Tendenz hin zum gängelnden Überwachungs-und Polizeistaat erkennbar.
Angst vor dem mündigen Bürger, Populisten und Anarchisten
Viele Regierungen in Europa haben offensichtlich Angst, dass bestehende Systeme, in der sich rasant entwickelnden neuen Zeit zusehends verändern und fürchten um alte Machtstrukturen. Sie geben den Bürgern deutlich zu verstehen, dass Kritik, beispielsweise an der Migrationspolitik, nicht gewollt ist und drohen mit strafrechtlichen Konsequenzen. Menschen, die sich abfallend äußern, sich zu sehr für ihre Überzeugungen engagieren oder die eine offene Diskussion herbeiführen wollen, werden immer öfter verhaftet, verfolgt und mitunter verurteilt.
In den Niederlanden besuchte die Polizei Personen, die sich im Oktober 2015 via Twitter kritisch über Asylzentren informierten. In der Stadt Sliedrecht rückte die Polizei beim Büro von Mark Jongeneels an und teilte ihm mit, dass er zu viel „tweete“. Jongeneels solle auf seinen Ton achten, denn seine „Tweets“ seien offenkundig aufdringlich. Das Vergehen? Die Stadt hatte ein informelles Bürgertreffen über ein Flüchtlingszentrum in der Region abgehalten und Jongeneels hatte diesbezüglich einige „Tweets“ veröffentlicht. In diesen gab er an, dass er es für eine schlechte Idee halte, dass die Stadt in den kommenden zwei Jahren etwa 250 Flüchtlinge aufnehmen wolle. Ein anderer „Tweet“ beinhaltete die Frage: „Sollen wir das zulassen?“
Jongeneels war keineswegs ein Einzelfall. In Leuwaarden erhielten etwa zwanzig Gegner der geplanten Flüchtlings-Zentren Hausbesuche von der Polizei. Ebenfalls in Enschede und an manchen Orten im Brabant, wo viele Menschen leben, die sich kritisch gegenüber den Asylplanungen der Regierung geäußert hatten und zu dieser Thematik auch eine „Social-Media-Seite“ betrieben. Den entsprechenden Personen wurde von den Behörden mitgeteilt, dass sie damit aufhören sollen. Ein Sprecher der Polizei erklärte hierzu, dass sich bis zu zehn Einheiten sogenannter „digitaler Detektive“ damit beschäftigen „Facebook“ und „Twitter“- Seiten in Echtzeit zu überwachen, um nach Beiträgen zu suchen die „zu weit gehen“. Das unmittelbare Aufsuchen dieser Personen durch die Polizei, diene dem Zweck, die Personen direkt mit ihrer Aussage zu konfrontieren und sie darauf hinzuweisen, welch eine Wirkung ein entsprechender „Post“ oder „Tweet“ im Internet haben kann. Zeigt diese Vorgehensweise eine Art staatliche Zensur der niederländischen Regierung?
Im Februar dieses Jahres wurde in Großbritannien Scott Clark verhaftet. Er hatte auf der Facebook-Seite der schottischen „Defense-League“ geschrieben, dass „syrische Flüchtlinge die böse Seite in uns zum Vorschein bringen“. Clark bezog dieses auf die zahlreichen Übergriffe auf Frauen in Köln und anderen Großstädten Deutschlands in der Silvesternacht sowie auf die massive Vergewaltigungswelle in Schweden durch Migranten aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und Nordafrika. In einem Kommentar hatte Clark angeführt, dass wenn einem jungen Mädchen irgendetwas passieren sollte, dann werde er persönlich bei den zuständigen Ratsherren vorstellig werden, die erheblichen Druck ausgeübt haben, um die Flüchtlinge hier unterzubringen und ihnen ins Gesicht spucken. Er, Clark, sei von Anfang an gegen deren Ankunft gewesen.
Inspektor Ewan Wilson von der Polizei von Dunoon äußerte gegenüber dem „Guardian“:
„Ich hoffe, dass die Verhaftung dieser Person die klare Botschaft übermittelt, dass die Polizei Schottlands keine Form von Aktivität tolerieren wird, die Hass auslösen und offensive Kommentare auf „Social Media“ provozieren könnte.“
Im Juli wurde in Deutschland einem Ehepaar aus Vierkirchen der Prozess gemacht. Vor dem Amtsgericht in Dachau hatten sie sich wegen Volksverhetzung zu verantworten. Der Hauptangeklagte hatte vor einem Jahr die Gruppe „AFB“ (Anti-Flüchtlings-Bewegung) im Sozialen Netzwerk „Facebook“ gegründet. Diese fand raschen Zulauf und hatte nach nur zwei Monaten 900 Mitglieder. Der Angeklagte verwendete folgenden „Gründungspost“:
„Die Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge überschwemmen unser Land. Sie bringen Terror, Angst, Leid. Sie vergewaltigen unsere Frauen und bringen unsere Kinder in Gefahr. Setzt dem ein Ende!“. Dazu ein Bild der Deutschland-Flagge.
Einem „Facebook-Nutzer“ fiel die Gruppe auf und er meldete diese bei den Facebook-Administratoren, doch diese stuften die Gruppe, nach einer Überprüfung, als „unkritisch“ ein. Was folgte war eine Anzeige bei der Polizei, was die weiteren Ermittlungen einleitete. Der Angeklagte wies daraufhin, er habe lediglich ein Diskussionsforum schaffen wollen und explizit darauf hingewiesen, dass er keine rechtsradikalen Äußerungen lesen wolle. Beweisen konnte er dieses allerdings nicht mehr, da er die Gruppe zwischenzeitlich geschlossen hatte. Für die Staatsanwaltschaft und den Richter bestand kein Zweifel an der „rechten Gesinnung“ der Angeklagten und sie stuften die Gruppe als „klar rechtsradikale Gruppierung“ ein. Das Urteil: 9 Monate Freiheitsentzug auf Bewährung und 120 Tagessätze à 10 Euro für die Ehefrau als Administratorin der Gruppe.
Solche „Posts“ in Sozialen Netzwerken können gerade in Deutschland noch viel weiterreichende Folgen haben. Die „Deutsche Anwaltsauskunft“ hat diesbezüglich entsprechende Informationsrichtlinien veröffentlicht. Wer demnach radikale oder fremdenfeindliche Ansichten verbreitet, riskiert nicht nur den Sympathiebonus vieler seiner Mitmenschen sondern gefährdet auch seinen Arbeitsplatz. Die politische oder religiöse Gesinnung eines Elternteils könnte auch Auswirkungen auf das Umgangsrecht mit dem eigenen Kind haben, wenn dadurch das Kindeswohl gefährdet sei.
Habe ein Elternteil lediglich eine kontroverse Meinung, reiche das nicht aus, um ihm das Umgangsrecht zu entziehen oder einzuschränken, so der Hinweis. Das Familiengericht ist dafür zuständig, zu klären, ob eine Handlung vorliegt, die das Kindeswohl gefährdet und den Entzug des Umgangsrechts rechtfertigt. Der Tatbestand der „aktiven“ Aktion, beispielsweise, wenn man sein Kind mit zu einer fremdenfeindlichen Demonstration nimmt, erhöht hierbei erheblich die Gefährdung des Kindeswohles und führt somit deutlich eher zum Verlust des Umgangs- und Sorgerechts.
Gleiches Europäisches Recht für alle?
Während in Ungarn oder Polen die Presse- und Meinungsfreiheit schon weitreichend staatlich eingegrenzt wurde, ticken in Teilen Europas und besonders an den Schaltstellen der Europäischen Union, die Uhren allzu oft unterschiedlich. Sollte der gemeine Bürger sich keinen kritischen Äußerungen oder gar verbalen Entgleisungen hingeben, so ist dieses für die auch schon des Öfteren in der Vergangenheit getätigten, peinlichen Äußerungen des EU-Kommissars für Digitale Wirtschaft, Günther Oettinger, konsequenzlose Alltäglichkeit. Oettinger hielt es nicht einmal für nötig sich für seine „Schlitzaugen-Äußerung“ im Zusammengang mit einer chinesischen Delegation zu entschuldigen, sondern gab lediglich zu verstehen, dass man seine Kommentare in einem größeren Zusammenhang sehen müsse.
Auch die Europäische Kommission lehnte es ab, Oettingers fremdenfeindliche und peinliche Bemerkungen, die offensichtlich auch Frauen und Homosexuelle abwerteten, zu entschuldigen oder gar zu untersuchen. Kommissions-Chefsprecher Margaritis Schinas sagte ungläubigen Reportern, „wir haben dem nichts hinzuzufügen.“ Gefragt, ob es eine Untersuchung der Bemerkungen geben würde, sagte er: „Wir haben kein FBI bei der Kommission.“ Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte Oettinger bereits am 28. Oktober zu der begehrten und starken Position des Vizepräsidenten, der für den EU-Haushalt zuständig ist, befördert.
Zensur durch ein „Wahrheitsministerium“?
Vielmehr vor unbedachten Äußerungen, Lügen und anderen Peinlichkeiten von Politikern, sollte wohl das Volk vor sich selbst geschützt werden. Die Gedankengänge der Deutschen Bundeskanzlerin im Hinblick auf ihre vierte Amtszeit, scheinen in diese Richtung zu tendieren. Im Angesicht der völlig aus dem Ruder gelaufenen US-Wahl und dem Aufstieg des gnadenlosen Populismus, lauert der Feind vor allen in den Sozialen Netzwerken und den zahlreichen Internetblogs. Das ungefilterte Einprasseln von Fakten und Fakes auf das gemeine Volk, leitet die Bundesregierung anscheinend dazu an, Schaden und Meinungen von den Menschen abzuhalten. Das war wohl auch schon zu guten alten DDR-Zeiten so oder wie muss man den hoffentlich Freud`schen Versprecher der Deutschen Kanzlerin deuten, als sie beim letzten Besuch des scheidenden amerikanischen Präsidenten, Barack Obama, äußerte: „… ich war auch nicht so froh, als dann die Menschen in der DDR wieder etwas zu sagen hatten!“
In Zukunft muss das Internet und die darin flutähnlich verbreiteten Meinungen, Unwahrheiten sowie Hetze und Populismus besser reguliert werden. Die Planungen der Deutschen Regierung zu einem sogenannten Wahrheitsministerium nehmen hierbei einen wichtigen Stellenraum ein und sind konkrete Planung. Schließlich geht es auch darum, Schaden vor der politischen Landschaft abzuwenden. Konkret kann man auch sagen, dass die Angst umgeht. Vielleicht geht es auch einfach um Machterhalt? Um den Verbleib in alteingesessenen Strukturen und Vorzügen? Wie die Deutsche Kanzlerin kürzlich nochmals eindeutig feststellte, haben sich die Bürger vor 25 Jahren noch anders informiert, nämlich fast ausschließlich über staatliche Medien und die gängige Tagespresse. „Hierzu müsse man wieder zurückkehren“, so Merkel. Eine deutliche Absage an Internet und „alternative Medien“.
In diesem Zusammenhang muss nicht gleich direkt vor einer zu befürchtenden Zensur durch entsprechende staatliche Stellen gesprochen werden, aber zum Erreichen der angedeuteten Zielsetzungen würde es schon ausreichen, eine entsprechende Beschränkung der Verbreitungsmöglichkeiten zu erreichen. Auch der politischen Informationsverbreitung unter ausländischen Einfluss, muss demnach Einhalt geboten werden.
Neue EU-Richtlinie zur Beschränkung der Bürgerfreiheiten
Am 5. Dezember wird sich der Ausschuss für „Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres“ des EU-Parlaments (LIBE) abschließend mit einer EU-Richtlinie beschäftigen, die geeignet ist, die bürgerlichen Freiheiten in der EU in bisher nicht bekannter Weise zu beschränken. Die Richtlinie enthält im Besonderen, Maßnahmen zur europäischen Terrorismusbekämpfung, wobei die grundlegenden hierzu herangeführten Definitionen reichlich Anlass zur Kritik bieten. Führende Menschenrechtsorganisationen, darunter zum Beispiel „Human Rights Watch“ befürchten, dass die neuen Leitlinien den Regierungen viel zu viel Spielraum lassen, missbräuchliche Anwendungen durchzuführen.
Die Gesetzgebung ist in vielen Teilen vage definiert und kann sehr weiträumig ausgelegt werden, so dass Bürgerrechte massiv beschnitten werden könnten. Demonstrationsrecht, öffentlicher Protest und anderweitige demokratische Errungenschaften könnten je nach politischer Regierungsausrichtung entsprechende Einschränkungen erfahren. Einige Kritiker gehen sogar soweit, dass sie die neue Europäische Richtlinie auf eine Ebene, mit der von der Europäischen Union angeprangerten türkischen Terror-Gesetzgebung stellen. In welchem Umfang die neuen Richtlinien, die vielen Regierungen sicherlich in die Karten spielen, umgesetzt werden, bleibt abzuwarten.
Quellen
NRC-Media.nl, New Europe, Guardian, The Scottish Sun, EU-Commission, Israel Nachrichten, Merkur, DAV, Die Welt, EUparl., Human Rights Watch, DWN, QPress, Wikipedia, Youtube